Doreen Biskup ist Key Account Managerin bei Munich Ventures, stellvertretende Vorsitzende im Verband der Veranstaltungsorganisatoren e.V. (VDVO) und Gründungsmitglied des Vereins She Means Community e.V. Im Interview spricht sie über Abschied und Neubeginn, den Smart City Event Incubator, ein Programm, das Kinder coacht, Mut zur Lücke und Lebensglück jenseits von Konventionen.
Welche fünf (Fun-)Fakten lese ich in deinem Steckbrief?
Du liest, dass ich als Kind ursprünglich einmal Gerichtsmedizinerin werden wollte und alle Quincy-Folgen rauf und runter geschaut habe. Dass ich beim Einkaufen – vor allem wenn ich in Gedanken bin –, laut singe. Dass ich als unglaublich ungeduldiger Mensch eine der schlimmsten Teilnehmerinnen auf Veranstaltungen sein kann – Menschen, die mich gut kennen, merken das meist daran, dass ich unruhig auf dem Stuhl hin und her rutsche. Du würdest lesen, dass ich manchmal so albern bin, dass das Lachen erstmal raus muss, bevor ich weiter im Text (vor allem in Meetings) machen kann. Und du würdest lesen, dass ich (leider) oft zu spät bin.
Was oder welche Nachricht beschäftigt dich gerade?
Mich beschäftigen meine eigenen unzähligen Abschiede und der Neubeginn, der damit einher geht. Ich starte einen neuen Job und verlasse nach 13 Jahren die Hochschule. Ich stehe kurz vor dem Ende meiner Dissertation und bin zum ersten Mal seit der Geburt meiner Kinder (wieder) in der Lage, wirklich frei zu entschieden, in welche Richtung sich mein Leben weiterentwickelt. Das ist einerseits unglaublich spannend, aufregend und es macht mega Spaß, andererseits ist es wirklich bewegend und emotional.
Du bist Referentin für Weiterbildungen an der Victoria Hochschule gewesen. Welche Weiterbildung legst du Frauen ans Herz?
Ich lege Frauen ans Herz, herauszufinden, wer sie wirklich sind, und was sie im Leben wollen. Frauen werden so häufig von der Gesellschaft kommentiert, wie sie „gehen, stehen, sitzen …“ sollen, dass es wirklich eine Challenge sein kann, in diesem Überangebot an Kommentaren herauszufinden, was jede selbst möchte und wie sie sich selbst definiert. Nahezu jedes Leadership-, Kommunikations-, Persönlichkeitsentwicklungstraining der Welt zahlt ein Stück weit darauf ein. Gerade wenn Frauen bereits gut ausgebildet sein, würde ich mir Trainings und Weiterbildungen suchen, die es möglich machen, mich selbst und meine Gegenüber besser zu verstehen.
Ich würde mir Trainings und Weiterbildungen suchen, die es möglich machen, mich selbst und meine Gegenüber besser zu verstehen.
Der Smart City Event Incubator unterstützt angehende Entrepreneure und Start-ups mit einem Bezug zur Eventbranche und Fokus auf smarte Stadtentwicklung. Wieso braucht es den Smart City Event Incubator und hast du ein aktuelles Beispiel für uns?
In allererster Linie braucht es den Start-Up-Incubator, um in einem geschützten Raum Ideen auszuprobieren, die der Veranstaltungswirtschaft dienen könnten. Der zweite Grund ist, dass es keine geförderte Start-Up-Kultur in der Veranstaltungswirtschaft gibt. Gründungen und die weitere Selbstständigkeit finden heute noch oft am Küchentisch statt. Um die Veranstaltungswirtschaft nachhaltig wettbewerbsfähig zu machen, ist es dienlich, wenn es Programme gibt, die Entrepreneure unterstützen und das Business Development bereits bestehender Unternehmen fördern. Es geht hier um Know-how, Netzwerk aber natürlich auch um Geld, was solche Programme zur Entwicklung von Ideen und zur Transformation bereitstellen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Groupr eines der Start-Ups aus dem Incubator. Die Gründer Nele und Daniel haben eine Lösung für Community-Building im Freizeitbereich, aber auch B2B-Bereich entwickelt. Mit dem Captain MICE Future Demo Day, den wir gemeinsam mit dem Verband der Veranstaltungsorganisatoren organisiert haben, ist es gelungen, Investoren auf die beiden aufmerksam zu machen, so dass hier (hoffentlich) eine Anschlussfinanzierung möglich wird und die Lösung in den Proof-of-Concept geht. Es ist unwahrscheinlich, dass die beiden heute dort stehen würden, wo sie stehen, wenn sie ihre Idee nach acht Stunden pro Tag im Vollzeitjob, den sie vor Start bei uns hatten, entwickelt hätten.
Nehmen wir einmal an, Zeit und Geld spielten keine Rolle. Welche Gründungsidee hättest du?
Wenn Zeit und Geld keine Rolle spielen, rufe ich ein Programm ins Leben, das Kinder digital und analog darin coacht, wieder Empathie zu spüren und fit fürs Leben zu werden.
Du hast einen Sohn und eine Tochter, die du allein erziehst. Du bist berufstätig und engagierst dich ehrenamtlich. Wie gelingt dir das?
Bei dieser Frage muss ich regelmäßig schmunzeln ;-). Die wohl ehrlichste Antwort ist „mit Mut zur Lücke“ … ich nehme viele Dinge – vor allem im Job – nicht so ernst und mir (meist) schon gar nicht zu Herzen, denn die Leidtragenden wären meine Kinder. Es ist so, dass die vielen Dinge, die ich tue, auf mein eigenes Lebensglück einzahlen und mich oft zufriedener machen, was sich wiederum auf meine Kids auswirkt. Ich nehme die beiden, wo es möglich ist, mit und habe zur Unterstützung ein tolles Netzwerk bestehend aus anderen Eltern, Freunden, dem Papa, Oma und Opa.
Diversity, Gender Equality und Female Empowerment sind weite Themenfelder. Welches Thema liegt dir am Herzen?
Es ist in gewisser Art und Weise ein Mix aus allen. Und hier ganz prägnant: Menschen zu zeigen, dass alles möglich ist, was sie sich wünschen, dass Herkunft, Sozialisation und Umfeld zwar eine Rolle spielen, geachtet und anerkannt werden sollen, es aber möglich ist, Geschichten selbst neu zu schreiben.
Was treibt dich an?
Ich habe das große Glück, Menschen in meinem Umfeld zu haben, die jede noch so verrückte Idee mit mir durchdiskutieren und mich in meiner Entwicklung unterstützen, egal ob lachend oder weinend.
Wieso hast du die She Means Community mitgegründet?
Aus meiner eigenen Geschichte heraus, durfte, musste, konnte ich erfahren, wie Frauen benachteiligt werden. Ich habe Lehrer in der Schule gehabt, die vor uns Mädchen standen mit den Worten: „Wer macht‘s mir denn heute?“ Ich habe Ausbilder im Job gehabt, die mir –nachdem sich mich erst zwei Monate Kaffee haben kochen lassen –, knallhart nach der Abgabe meiner sehr guten Ausarbeitungen, Projekte und Recherchen gesagt haben: „Frau Biskup, das habe ich Ihnen (so wie Sie aussehen) nicht zugetraut.“ Ich habe Jobs nicht bekommen, weil Frauen in den Assessments der Meinung waren, mit einem Zweijährigen könne ich keinen Vollzeitjob machen. Die Liste lässt sich unaufhaltsam fortführen. Wäre ich den Gedanken meines Umfelds gefolgt, würde ich heute nicht dort stehen, wo ich stehe. Und genau das möchte ich mitgeben, dass es nicht so sehr darauf ankommt, was andere denken, sondern es erst einmal darauf ankommt, was jede und jeder selbst möchte. In der Regel folgt das nämlich nicht den gesellschaftlichen Konventionen, führt aber perspektivisch zu mehr Lebensglück.
Welche Frage hat dir gefehlt?
Keine einzige 🙂
Wer soll „Woman of the month” im Juni 2023 werden?
Ulrike Tondorf. Sie ist Head of Brand Activation & Engagement bei der Bayer AG und hat gerade (Ende April) die virtuelle Hauptversammlung von Bayer gewuppt. Das imponiert mir.
Kerstin Wünsch