„Ihr müsst Euch nicht zwischen Kind und Arbeit entscheiden!“

Tanja Schramm ist Geschäftsführerin beim Netzwerk sowie Servicepartner Meet Germany für Event Professionals und Business Travel Manager und Mitgründerin des gemeinnützigen Vereins She Means Community. Im Interview spricht sie über ihre ungewollte Selbstständigkeit und Trends, gibt Tipps für gutes Networking und macht Frauen Mut: Karriere und Familie sind vereinbar – selbst für Alleinerziehende.

Welche fünf (Fun-)Fakten lese ich in deinem Steckbrief?

Als Hotelkind wollte ich fließend Französisch und Englisch sprechen, bevor ich mein betriebswirtschaftliches Studium absolvierte. Das praktizierte ich an Orten wie Luxemburg und Irland (1). Danach zog es mich in die Welt: Erst zu einer Sommersaison in die Schweiz, danach umrundete ich als Purser auf der MS Europa die Welt (2). Ich wollte nie im Catering arbeiten und nie selbständig sein. Das klappte “hervorragend” … Als ich nach Deutschland zurückkehrte, arbeitete ich erst als Verkaufsleiterin bei Käfer und dann bei Borchardt Catering in Berlin. Als ich spürte, dass ich als Angestellte immer wieder an Grenzen stieß, entschloss ich mich 2003 für die Selbstständigkeit (3). Ich gründete eine Eventagentur (BESL), vermarktete den Meistersaal am Potsdamer Platz und bekam zwei wunderbare Kinder. Hier kann ich nur jeder sagen: Es geht beides. Ihr müsst Euch nicht zwischen Kind und Arbeit entscheiden! (4) Seit 2016 gehe ich bei Meet Germany meiner Leidenschaft nach: Menschen vernetzen, inspirieren und bewegen, Neues auszuprobieren (5).

Foto: © MEET GERMANY

Was oder welche Nachricht beschäftigt dich gerade?

Neben den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Themen beschäftige ich mich stark mit dem Thema Trends und Trendforschung. Wo entwickeln wir uns hin, welche Entwicklungen tangieren uns? Corona hat Entwicklungen wie Digitalisierung sehr stark beschleunigt. Das hat sehr große Auswirkungen auf die Menschen. Ich finde faszinierend zu sehen, welche Möglichkeiten sich uns offenbaren. Diese Trends bewegen mich besonders beruflich:

• Glokalisierung: Die Pandemie hat die Globalisierung verlangsamt. Es ist eine stärkere Neigung zum Neo-Nationalismus zu beobachten. Das hat zu einem neuen Gleichgewicht zwischen lokalen und globalen Einflüssen geführt. Hier spielt Meet Germany eine bedeutende Rolle. Es bringt lokale und globale Akteure zusammen und hilft, eine Balance zwischen Weltoffenheit und regionaler Identität zu schaffen.
• Digitalisierung: Wir leben in einer Zeit, in der die Grenze zwischen dem, was online passiert, und dem, was offline passiert, immer mehr verschwimmt. Die Bedürfnisse verändern sich. Es geht es darum, wie wir die Technologie nutzen, um diese zu erfüllen und das Leben besser zu machen. Das hat eine große Auswirkung auf mich und darauf, was ich in dieser Branche bewegen will.
• Wir-Gefühl: Früher ging es oft darum, sich als Einzelner besonders zu fühlen und sich von anderen abzugrenzen. Jetzt sehnen sich viele Menschen nach einer stärkeren Verbundenheit mit anderen und einer größeren Gemeinschaft. Mein Netzwerk kann dabei eine wichtige Rolle spielen, indem es Raum für Gemeinschaften schafft.

Du führst die Geschäfte von Meet Germany. Nach euren Angaben ist es das „größte Netzwerk der Event & Business Travel Branche im deutschsprachigen Raum“. Wie groß ist euer Netzwerk und wer zählt dazu?

Unser Netzwerk umfasst über 2.000 Unternehmen aus verschiedenen Bereichen der Veranstaltungswirtschaft, darunter Corporates, Verbände, Non-Profit-Organisationen, Eventagenturen, Convention Bureaus, Locations, Hotels und Dienstleister. Unsere Geschäftstätigkeit konzentrierte sich bisher darauf, Menschen miteinander zu vernetzen, um Geschäftschancen zu nutzen und einen Raum für branchenübergreifenden Austausch zu schaffen. In unserer Arbeit haben wir festgestellt, dass es Bedarf an Orientierung und Unterstützung im aktuellen Wandel gibt. Seit mehr als zwei Jahren beschäftige ich mich intensiv mit den Entwicklungen im Vertrieb und Marketing und erkenne, dass die Zukunft in zielgruppengerechter Ansprache sowie der Automatisierung und Digitalisierung von Prozessen liegt. Daher habe ich Expertise in das Unternehmen gebracht und unser Leistungsportfolio für den Markt erweitert.

Gutes Networking im Jahr 2024 konzentriert sich weiterhin auf die Entwicklung von persönlichen Beziehungen und den Aufbau von Vertrauen.

Du organisiert Netzwerktreffen und bist selbst eine sehr gute Netzwerkerin. Wie geht gutes Networking 2024?

Gutes Networking im Jahr 2024 konzentriert sich weiterhin auf die Entwicklung von persönlichen Beziehungen und den Aufbau von Vertrauen, ist jedoch zunehmend digital und global ausgerichtet. Hier meine Tipps für erfolgreiches Networking im Jahr 2024:

1. Nutzt digitale Plattformen: Virtuelle Networking-Plattformen, soziale Medien und professionelle Netzwerke spielen eine immer wichtigere Rolle. Seid aktiv auf Plattformen wie LinkedIn, um Euer Netzwerk zu erweitern und mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten.
2. Nehmt an virtuellen Veranstaltungen teil: Virtuelle Konferenzen, Webinare und Online-Workshops sind beliebte Möglichkeiten, um sich mit Fachleuten aus der ganzen Welt zu vernetzen. Nutzt diese Gelegenheiten, um Euer Wissen zu erweitern und neue Kontakte zu knüpfen. Wir bieten für unsere Member jeden letzten Montag im Monat ein digitales Meetup an zu relevanten Themen. Ihr seid willkommen.
3. Kommuniziert gezielt: Seid präzise und authentisch in Eurer Kommunikation. Stellt sicher, dass Eure Nachrichten relevant und persönlich sind, um die Aufmerksamkeit Eurer Kontakte zu gewinnen und langfristige Beziehungen aufzubauen.
4. Pflegt Eure Kontakte: Das Pflegen von bestehenden Beziehungen ist genauso wichtig wie das Knüpfen neuer. Bleibt in Kontakt mit Eurem Netzwerk, teilt relevante Informationen und unterstützt Eure Kontakte, wenn möglich.
5. Seid proaktiv: Geht aktiv auf potenzielle Kontakte zu, sei es durch direkte Nachrichten, Kommentare in Diskussionen oder die Teilnahme an Online-Veranstaltungen. Zeigt Interesse an anderen und bietet Hilfe an, wo Ihr könnt.
6. Authentizität und Vertrauen: Seid authentisch und baut Vertrauen auf. Menschen möchten mit echten und vertrauenswürdigen Personen interagieren, also seid offen und ehrlich in Euren Interaktionen.

Ihr versprecht, eure Mitglieder zielgerichtet mit neuen Geschäftspartnern zusammenzubringen. Wie macht ihr das und hilft euch Künstliche Intelligenz dabei?

Wir bringen unsere Mitglieder live und digital bei unseren Netzwerkveranstaltungen zusammen. Wir verwenden die Event-App von Invite People. Das ermöglicht es den Teilnehmern, Termine zu vereinbaren, miteinander zu chatten und sogar ihre Daten bei einem Gespräch zu scannen. Matchmaking erfolgt durch unseren Communitymanager: Als Teil der Mitgliedschaft bieten wir Matchmaking an. Im Februar führen wir eine offene Plattform ein, die die Schwarmintelligenz unserer Netzwerkpartner nutzt. Bei unseren Marketingaktivitäten setzen wir KI ein, einschließlich Bildgenerierung, Texterstellung und Kampagnenmanagement, wobei wir ChatGPT und GPT-DALL·E verwenden. Aktuell arbeiten wir mit einem Partner daran, unserem Netzwerk einen KI-gesteuerten Marktplatz zugänglich zu machen. Bleibt dran für weitere Informationen! 😉

Tanja Schramm (2. Von rechts): „Als jemand, der sich leidenschaftlich für das Thema Netzwerken engagiert, ist es mir eine Herzensangelegenheit, mit inspirierenden und kraftvollen Frauen zu interagieren.“ Im Bild Mitglieder von She Means Community beim Meet Germany Summit in Berlin. Foto: © MEET GERMANY & Christopher Peetz

Du bist Mitgründerin des gemeinnützigen Vereins She Means Community zu Diversity, Gender Equality und Female Empowerment? Welches Thema liegt dir am Herzen?

Was treibt dich an?

Als jemand, der sich leidenschaftlich für das Thema Netzwerken engagiert, ist es mir eine Herzensangelegenheit, mit den inspirierenden und kraftvollen Frauen zu interagieren, die diesen Verband mit viel Hingabe und Kreativität ins Leben gerufen haben, die mitwirken und die diesen aktiv gestalten. Ich bin davon fasziniert, mich mit Menschen unterschiedlicher Hintergründe und auch verschiedenen Generationen auszutauschen, denn ich glaube fest daran, dass wir voneinander lernen können. Besonders gerne ermutige ich junge Frauen, teile meine Erfahrungen und gebe mein Wissen weiter. Dazu gehört die Botschaft, dass sie alles erreichen können, was sie wollen. Ich möchte ihnen Mut machen und zeigen, dass Karriere und Familie vereinbar sind, selbst wenn man alleinerziehend ist.

Eine Idee der She Means Community ist, dass Frauen sich gegenseitig unterstützen und stärken. Hier ist Platz für deine drei Shout-outs.

1. She Means Community: In diesem gemeinnützigen Verein dreht sich alles um Diversity, Gender Equality und Female Empowerment. Ein riesiges Dankeschön geht an alle Frauen, die sich mit vollem Einsatz für die She Means Community einsetzen. Egal ob durch ehrenamtliche Arbeit, finanzielle Unterstützung oder einfach durch eure Anwesenheit und aktive Teilnahme – Euer Engagement und Eure Solidarität sind unersetzlich! Ihr stärkt und erweitert unsere Gemeinschaft maßgeblich.
2. AusserGewöhnlich Berlin: Dieser Club ist ein wahres Juwel, das die pulsierende Vielfalt und grenzenlose Kreativität Berlins feiert. Hier kommen Menschen aus allen Ecken und Enden der Stadt zusammen, um sich zu vernetzen und auszutauschen. Die wöchentlichen Salons sind unschlagbar und gelten als das beste städtische Networking-Konzept weltweit! Durch die Verbindung von Wirtschaft, Kunst, Kultur und Politik schafft dieser Club nachhaltige Beziehungen und bringt Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Visionen zusammen. Einfach großartig!
3. degefest e.V.: Seit 1984 verbindet dieser bundesweite Netzwerkverband unermüdlich die vielfältigen Akteure der Veranstaltungsbranche. Mit jedem Jahr im Aufwind zieht der Verband neue Mitglieder an, die sich dem spannenden Feld von Kongressen und Seminaren widmen. Ein Zeichen für ihren anhaltenden Erfolg und ihre wachsende Relevanz in der Branche!

Wer soll „Woman of the month” im März 2024 werden?

Tanja Knecht! Wir kennen uns schon seit Jahren. Ich bewundere ihre Energie, Leidenschaft und Vielseitigkeit. Ich freue mich auf Tanjas Insights.

Kerstin Wünsch

Beitragsbild © privat