Pia Such ist Absolventin des Studiengangs Eventmanagement und -Technik an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM), Werkstudentin bei der Fachzeitschrift tw tagungswirtschaft – dfv Mediengruppe und Mitglied bei She Means Community. Im Interview spricht sie über ihren Happy-Place, Bedürfniserfüllung im agilen Projektmanagement, Intersektionalität, blinde Flecken sowie Frauen und Finanzen.
Welche fünf (Fun-)Fakten lese ich in deinem Steckbrief?
Mein Happy-Place ist ein Sonntagnachmittag mit einem guten Hörbuch und einem Kreativ-Projekt, in dem ich versinken kann. Ich wollte ursprünglich Konditorin werden. Mein Weg hat mich dann aber in die Veranstaltungsindustrie geführt, worüber ich sehr glücklich bin. Heute backe ich gerne in meiner Freizeit. Mein Geburtstag lag immer in den Sommerferien, deshalb habe ich ihn als Kind immer in einem anderen Land gefeiert. Das sind schöne Erinnerungen. Trotz der großen räumlichen Distanz zu meiner Familie, habe ich ein sehr gutes Verhältnis zu ihr. Ich liebe Mittagessen zum Frühstück.
Was oder welche Nachricht beschäftigt dich gerade?
Auch wenn der russische Angriffskrieg medial nicht mehr so stark präsent ist wie zu Beginn, bleiben das wohl die Nachrichten, die mich nach wie vor am meisten beschäftigen. Die Gewissheit, dass hart erkämpfe Freiheit und Unversehrtheit so schnell umgepustet werden können, ist schockierend und deprimierend zugleich.
Du hast an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) Eventmanagement und -technik studiert. Deine Bachelor-Thesis handelt von der „Bedürfniserfüllung im agilen Projektmanagement – Eine Weiterführung des Scrum Modells um den Aspekt gehirngerechter Führung nach Scarf“. Was sollten wir darüber wissen?
In meiner Arbeit habe ich mich insbesondere mit dem neurowissenschaftlichen Ansatz der Thematik beschäftigt. Sprich, was braucht das Gehirn zur Bedürfniserfüllung und inwieweit hängt das mit der Erwerbsarbeit zusammen. Mein ständiger Gedanke während der Arbeit war: Wenn wir doch schon so viel wissen, warum machen wir es dann immer noch falsch? Auch, wenn das Gehirn noch weit davon entfernt ist, vollumfänglich erforscht zu sein, spricht der aktuelle Wissensstand für Folgendes:
- Psychische Grundbedürfnisse sind äquivalent zu physischen Grundbedürfnissen. Sprich die Achtung dieser ist kein „Nice-to-have“.
- Reflexion ist ein Schlüsselelement für Bedürfniserfüllung und Konfliktumgang.
- Um Bedürfniserfüllung erreichen zu können, muss der Mensch im Mittelpunkt der Arbeit stehen. Der Kapitalismus erschwert diesen Wandel jedoch, da mit dem Eingehen auf Bedürfnisse zunächst erst einmal die Wirtschaftlichkeit sinkt.
- Das Gehirn ist gebiast. Bedrohungen werden schneller und stärker wahrgenommen als Belohnungen. Positive Bedürfniserfüllung zu erreichen, erfordert also Fingerspitzengefühl.
- Neuroplastizität: neuronale Verknüpfungen sind ein Leben lang veränderbar. Jeder und jede kann also lernen – auch wenn das nicht jeder Person gleich leichtfällt.
- Aus Bedürfniserfüllung ergibt sich eine Aufwärtsspirale. Die daraus entstehende Zufriedenheit befähigt zu Motivation und Leistungsfähigkeit.
Was treibt dich an?
Ich denke, in unserer heutigen Gesellschaft gibt es viele Strukturen, die einen daran hindern das eigene Potenzial auszuschöpfen und das Leben zu führen, das einen glücklich macht. Das sind Dinge wie die gläserne Decke, Gender Pay Gap, Gender Care Gap … die Liste ist lang und beschränkt sich nicht allein auf das Frau-Sein. Doch meine innere Revolutionärin sträubt sich, sich dadurch unterkriegen zu lassen. Mein Hauptantrieb ist momentan also die Einstellung: Nein, ich bin dagegen.
In unserer heutigen Gesellschaft gibt es viele Strukturen, die einen daran hindern das eigene Potenzial auszuschöpfen und das Leben zu führen, das einen glücklich macht.
Wieso bist du Mitglied bei She Means Community?
Wenn man sich mit den Problemen der Welt beschäftigt, kann einen das Gewicht ganz schnell runterziehen und hilflos fühlen lassen. Sich die Last mit tollen Frauen zu teilen, im Austausch Unterstützung und Verbundenheit zu erfahren und daraus gemeinsam ins Tun zu kommen, ist ein Wert, den ich an der She Means Community sehr schätze.
Diversity, Gender Equality und Female Empowerment sind weite Themenfelder. Welche Themen beschäftigen dich?
Mich beschäftigt beim Thema Feminismus und Geschlechtergerechtigkeit vor allem der Aspekt Intersektionalität. Als weiße cis Frau treffen nicht allzu viele Diskriminierungsmerkmale auf mich zu, ich habe also blinde Flecken. Um übergreifend Menschen dabei zu unterstützen Gleichberechtigung und Chancengleichheit zu erfahren fängt es also bei mir an. Ich muss noch mehr Sensibilität gegenüber den Themen entwickeln und die Wissenslücken schließen.
Gemeinsam mit deinen beiden Schwestern hast du auf Instagram den Account @klug_genug zum Thema Frauen und Finanzen ins Leben gerufen. Wie kam das und was macht ihr da?
Auch im 21. Jahrhundert und in einem reichen Land wie Deutschland ist die Kluft zwischen Männern und Frauen nach wie vor groß. Das Thema Finanzen ist disziplinübergreifend ein Hebelfaktor. Wenn die finanzielle Situation von Frauen gestärkt wird, steigt simultan ihr Einfluss. Denn in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem sind Kaufentscheidungen gleichbedeutend einer Abstimmung. Da meine Schwestern und mich der Tatendrang verbindet, etwas verändern zu wollen und uns nicht einfach der Situation zu ergeben, haben wir den Account ins Leben gerufen. Bei „klug genug“ erklären wir, warum es entscheidend ist, dass sich vor allem Frauen mit dem Thema Finanzen beschäftigen – ungeachtet des Alters wohlgemerkt – welche Faktoren Einfluss auf die finanzielle Situation haben, und was sie tun können, um sich abzusichern.
Welche Frage hat dir gefehlt?
Über das Thema Gleichberechtigung wird viel gesprochen, aber selten wird der Absprung zum Ins-Tun-kommen geschafft. Ich fände eine Frage super, um uns Tipps einzuholen, wie wir im Kleinen die Revolution anstoßen können.
Hast du eine Antwort?
Was ist dein Tipp des Monats, um ins Tun zu kommen? Beim Thema Finanzen bemerke ich immer wieder eine Verlegenheit über das Gehalt zu sprechen. Vor allem ältere Generationen scheinen noch die Einstellung zu haben: Über Geld spricht man nicht. Doch dabei ermöglicht der Austausch Klarheit über die Gehaltslage zu schaffen. Bekommst du das Geld, das dir für deine Leistung zusteht? Mein Tipp ist, brecht diese Einstellung auf. Ganz konkret: Sprecht eure Kolleginnen und Freundinnen darauf an, was sie verdienen.
Wer soll „Woman of the month” im Juli werden?
Ich nominiere Kim Kugelmann. Auch, wenn ich sie erst vor kurzem kennengelernt habe, interessiert mich ihre Sichtweise zum Thema Female Empowerment. Sieht sie als junge Frau die Situation genauso, und wo kann ich noch etwas lernen? Dabei interessiert mich besonders ihr Branchenweg und die Sichtweise einer jungen Frau über ihren Einstieg zur Pandemiezeit.
Kerstin Wünsch
Foto Beitragsbild: Hella Wittenberg