„Für die Lösung der globalen Krisen braucht es uns alle!“

Karin Ruppert, Organisationsberaterin und Vorstandsvorsitzende des gemeinnützigen Vereins She Means Community, über Abitur mit Kind, Gewalt gegen Frauen, Geld für Diversity Management, „One Love“ und neue Formen des Miteinanders.

Welche fünf (Fun-)Fakten lese ich in deinem Steckbrief?

  • Musik-Liebhaberin: Als junge Frau wollte ich Konzertpianistin werden und die Bühnen der Welt erobern. Meine Seele tanzt noch heute zu Chopin, Debussy und Rachmaninow.
  • Teen-Mom: Mit 18 Jahren wurde ich Mutter einer wunderbaren Tochter. Im Steckbrief der Abizeitung sieht man mich gemeinsam mit ihr auf dem Arm. Das war damals ein Novum an der Schule. 😊
  • Improvisierende Netzwerkerin: Gar nicht so „funny“, aber sehr lehrreich waren die Jahre, die ich alleinerziehend Karriere in der Veranstaltungswirtschaft erlebte. Ich lernte sehr schnell zu improvisieren, und das Geschenk eines gut funktionierenden sozialen (Frauen-)Netzwerkes zu schätzen.
  • Berlinerin: Berlin war seit frühester Kindheit mein Sehnsuchtsort. Meine Tante, die seit Ende der 60er Jahre hier lebt, ist ein absolutes Role model für mich. Eine selbstbestimmte, wunderbar unangepasste und impulsive Frau. Seit acht Jahren bin ich auch auf dem Papier (nicht nur im Herzen) Berlinerin.
  • Kreative Zuhörerin: Ich liebe es zuzuhören, und das Gehörte zu visualisieren. Wenn ich mir selbst zuhöre, erstelle ich am liebsten Collagen und gebe mich dem kreativen Flow hin. Das ist meine Art der Meditation.

Was oder welche Nachricht beschäftigt dich gerade?

Am 25. November war der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Laut UN Women „wird alle 45 Minuten eine Frau in Deutschland durch ihren Partner gefährlich körperlich verletzt. Jeden dritten Tag tötet ein Mann seine (Ex-)Partnerin.“ Ein unerträgliches Thema, das uns alle angeht und das wir noch entschiedener bekämpfen müssen – politisch und gesellschaftlich. UN Women hat im Internet die politischen Forderungen abgebildet und informiert über die „Orange The World“-Kampagne, die bis zum 10. Dezember läuft. Wer noch kein Weihnachtsgeschenk hat, kann u.a. über den Kauf eines Charity Armbands unterstützen. Die Erlöse gehen an Projekte gegen Gewalt an Frauen. Zeitgleich werden damit Kunsthandwerkerinnen in Kenia unterstützt.

Du bist Organisationsberaterin. Bei welchen Themen begleitest du Unternehmen aktuell?

Ich begleite Führungskräfte und Teams im 1:1 als Business Coach und als Beraterin bei Projekten. Themen sind unter anderem: New Leadership, Kommunikation, Prozessgestaltung und -management.

Für das Jahr 2023 rechnen die Wirtschaftsweisen und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit einer Rezession. Bleibt da genug Geld für HR-Themen wie Diversity Management?

Das wäre wünschenswert, denn Diversity Management ist nicht nur in Bezug auf die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens unverzichtbar, sondern eine wirkliche Investition in die Zukunftsfähigkeit von Organisationen (demografischer Wandel, Employer Branding, Gen Z). Unternehmen sind gut beraten frühzeitig zu beginnen, denn ein Kulturwandel braucht viel Zeit und Ressourcen, bis er sich spürbar entfaltet und im Arbeitsalltag verankert ist. Allein die derzeitige Diskussion über den Fachkräftemangel sollte das Bewusstsein für die Wichtigkeit von HR-Themen geschärft haben. Dabei hat ein Unternehmen, das Diskriminierung im System verhindert und für eine Unternehmenskultur sorgt, die vielfältige Zielgruppen einlädt, einen absoluten Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach neuen Talenten.

Diversity Management ist nicht nur in Bezug auf die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens unverzichtbar, sondern eine wirkliche Investition in die Zukunftsfähigkeit von Organisationen.

Wir leben in einer Zeit multipler Krisen. Kann da Vielfalt helfen?

Vielfalt kann sogar ein Schlüssel zur Lösung sein. Kriege, Hunger, Corona, Klima … Unsere Welt ist komplex und besteht aus den unterschiedlichsten wirtschaftlichen Abhängigkeiten. Das wird uns gerade bei der Energiekrise schmerzlich bewusst. Allen Krisen ist eines gemein: die Auswirkungen betreffen Menschen auf dieser Welt in unterschiedlichster Form und Härte. Nachhaltige Lösungsansätze sollten durch das Zusammenwirken von vielfältigen Akteur:innen entstehen, die ihre Perspektiven einbringen. Wenn man sich die politischen Entscheidungsgremien anschaut, ist oftmals leider wenig Vielfalt im Spiel. Neben den politischen Ansätzen betrifft es aber auch unser Verhalten im Alltag. Jede:r kann einen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft leisten, sich positionieren, engagieren und das eigene Verhalten überdenken und ggf. anpassen. Für die Lösung der globalen Krisen braucht es uns alle!

Diversity, Gender Equality und Female Empowerment sind weite Themenfelder. Welche Themen beschäftigen dich?

Die nach wie vor tiefe Verwurzelung von diskriminierenden Strukturen in den Gesellschaften dieser Welt und der Umgang damit. Ich bin tief beeindruckt von den mutigen Frauen und Männern im Iran, die für ihre Rechte auf die Straße gehen – unabhängig von den schwerwiegenden Konsequenzen, die sie zu erwarten haben. Demgegenüber hat es mich sehr beschämt, dass sich der DFB nicht klarer zum Thema „One Love“ positioniert hat. Mit dem Blick auf meinen Wirkungskreis beschäftigt mich gerade das Auseinanderklaffen von Wunsch und Wirklichkeit in der deutschen Wirtschaft. Die sozialen Medien sind voll von Organisationen, die Diversity und Gender Equality als Kommunikationsthemen nutzen und sich entsprechend positionieren. Aktuelle Zahlen der Allbright Stiftung zeigen aber, dass der Frauenanteil auf Vorstandsebene der 160 DAX, MDAX und SDAX notierten Unternehmen nur bei 14,2 Prozent liegt. Zwar gibt es Fortschritte bei einzelnen Unternehmen, aber mehr als die Hälfte dieser Unternehmen hat nach wie vor keine einzige Frau in der obersten Management-Ebene. Das sollte sich schnell ändern!

Was treibt dich an?

Ich liebe es zuzuhören, und Menschen mit sich und anderen zu verbinden. Das ist die Grundvoraussetzung für die Gestaltung einer sozial nachhaltigen Zukunft und genau die treibt mich an.

Wieso sollte ich Mitglied der She Means Community werden, und wo kann ich euch treffen?

Weil wir gemeinsam mehr erreichen und uns noch viel intensiver gegenseitig unterstützen sollten. Es lohnt sich für alle dabei zu sein, die Freude am Austausch haben und neue Formen des Miteinanders gestalten möchten, die sich aktiv für Gender Equality und Diversity einsetzen möchten, die bereit für den nächsten Karriereschritt sind, sich mit spannenden Persönlichkeiten vernetzen möchten und unser Engagement unterstützen möchten.

Das digitale Zuhause der Community ist die Eventmobi-Plattform, die Education-Impulse, Mentoring- und Netzwerkmöglichkeiten bietet. Wir treffen uns im nächsten Jahr auch verstärkt in Präsenz. Die Erfahrung der letzten Monate hat gezeigt, dass es ein großes Bedürfnis gibt persönlich zusammenzukommen. Folgende Termine stehen bei uns im Kalender:

  • Am 12. Januar 2023 sind wir auf der BOE International in Dortmund.
  • Unsere Schwesterinitiative She Means Business geht vom 23. bis 25. Mai 2023 zur Fachmesse IMEX in Frankfurt in die nächste Runde, und wir werden vor Ort sein.
  • Bei den Meet Germany Summits sind wir auch dabei und freuen uns schon jetzt auf den Austausch mit euch!

Welche Frage hat dir gefehlt?

Keine 🙂

Wer soll „Woman of the month” im Januar 2023 werden?

Eva Mengeringhausen, weil sie als Programmleiterin der BOE International in Dortmund maßgeblich dazu beiträgt, den Frauenanteil auf den Bühnen der Messe zu erhöhen!

Kerstin Wünsch

Fotocredit Beitragsbild: Oliver Wachenfeld Fotodesign

Wer ist Karin Ruppert?

Karin Ruppert ist Organisationsberaterin aus Berlin. Sie begleitet Organisationen in Veränderungsprozessen und ist Impulsgeberin für Gender Equality, New Leadership und Cultural Change. Ihre Karriere startete sie in der Veranstaltungsbranche, die sie bis in die Geschäftsleitung namhafter Agenturen führte. Ruppert begleitete umfangreiche Change-Prozesse, machte eine Ausbildung zur systemischen Organisationsberaterin und den Schritt in die Selbständigkeit. Für viele Jahre verantwortete sie die Verbandskommunikation beim Fachverband FAMAB (heute fwd: Bundesvereinigung der Veranstaltungswirtschaft). Karin ist Vorstandsvorsitzende der gemeinnützigen Organisation She Means Community e.V., die mehrere Initiativen zur Förderung von Vielfalt und Frauenförderung vereint.